Wer die Wahl hat, hat die Qual. Dieser Redewendung würden sicher alle zustimmen, die in der letzten Zeit einen Mobilfunkvertrag abschließen oder ein elektronisches Gerät kaufen wollten. Nur ein Beispiel aus unserer Überfluss-Gesellschaft, das zeigt, wie quälend Wählen sein kann. Auch im Sprachunterricht geht es den Teilnehmern manchmal so. Deswegen wünschen sich viele Lernende vor allem eines: klare Ansagen vonseiten der Lehrenden.

Auf den ersten Blick scheint das den Prinzipien einer kommunikativen Didaktik zu widersprechen. Schließlich soll sich der Lehrer zurücknehmen, keinesfalls autoritär sein oder Frontalunterricht machen. Er soll den Unterricht möglichst abwechslungsreich konzipieren und damit auf die Bedürfnisse aller Lernenden eingehen. Was liegt da näher, als ihnen die Wahl zwischen unterschiedlichen Aufgaben zu lassen oder sie aktiv an der Unterrichtsgestaltung zu beteiligen?

Klare Ansagen entlasten

Diesen hehren Zielen steht oft ein Grundbedürfnis gegenüber: der Wunsch nach Struktur und Anleitung. Der/Die Kursleiter/in ist in den Augen der Teilnehmer/innen die Fachkraft. Sie soll wissen, was die Lehrenden brauchen. Eine Sprache zu lernen, ist anstrengend genug. Da möchte man nicht noch ständig die Qual der Wahl haben. Denn wer wählen kann, kann sich auch falsch entscheiden. Vielen ist es unangenehm, eine Aufgabe nicht zufriedenstellend zu bewältigen, die man selbst ausgesucht hat. Hat der Lehrende die Entscheidung getroffen, wird ein Scheitern als weniger schlimm empfunden. Klare Ansagen können also entlasten.

Oft ist es auch die Lerntradition, die definiert, wie viel Wahlfreiheit Lernende ertragen können. In vielen Kulturen ist der Lehrende eine absolute Respektsperson, deren Anweisungen nicht hinterfragt werden. Frontalunterricht ist die häufigste Unterrichtsform. Lernende sind dann mitunter völlig überfordert, wenn sie zu viele Möglichkeiten haben. Das heißt nicht, dass Lehrende ihre didaktischen Prinzipien über Bord werfen und zu dieser Form des Unterrichtens greifen sollten. Aber zumindest am Anfang ist es hilfreich, den Teilnehmer/innen gewohnte Strukturen zu geben. Wenn die Lernenden mehr Sicherheit gewonnen haben, sind sie auch offener für neue Methoden.

In allen Kursen gibt es Phasen, in denen die Teilnehmer/innen es gut finden, wenn die Lehrkraft das Ruder übernimmt und sie sozusagen Dienst nach Vorschrift leisten können. Manchmal ist es eben einfach entspannend, wenn ein anderer weiß, was gerade das Beste für einen ist …