Fünf Modelle hat sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Deutschland (BAMF) ausgedacht, um den DaZ-Unterricht in Corona-Zeiten zu ermöglichen. Sie stellen Lehrende und Lernende teils vor enorme Herausforderungen. Im Folgenden geben wir einen Überblick über alle fünf Modelle und nehmen vor allem die weniger bekannten Modelle 3, 4 und 5 gemeinsam mit Hueber-Fachreferent Guido Bongard kritisch unter die Lupe.

Modell 1: präsent mit AHA+L

Daran haben sich die meisten Lehrenden schon fast gewöhnt: Präsenzunterricht mit den sogenannten AHA+L-Regeln. Für den Unterricht bedeutet das konkret: 1,5 Meter Abstand zueinander, keine Bewegung, keine Gruppenarbeit, kein Austausch von Material und regelmäßige Pausen zum Lüften. Wenn man Pech hat, und das kommt gar nicht so selten vor, tragen sowohl Lernende als auch Lehrende eine Maske.

Modell 2: im virtuellen Raum

Auch damit sind viele schon vertraut: das virtuelle Klassenzimmer. Über eine Konferenzsoftware sind Lehrende und Lernende verbunden. Unterricht im Homeoffice sozusagen. Damit reiner Onlineunterricht gelingt, braucht es vor allem eine stabile Internetverbindung auf allen Seiten und die entsprechende technische Ausrüstung.

Modell 3 und 4: die Hybriden

Auf eine Mischung aus Virtualität und Präsenz setzen Modell 3 und 4. Der Kurs wird geteilt. Bei Modell 3 wechselt die Kursleitung regelmäßig zwischen zwei Räumen hin und her. In einem Raum findet Präsenzunterricht statt, in den anderen Raum wird das Unterrichtsgeschehen live übertragen.

„Das ist natürlich ein enormer Materialaufwand, den gar nicht jeder Träger leisten kann“, stellt Guido Bongard fest. „In jedem Raum braucht es eigentlich zwei Bildschirme, damit sowohl Lehrkraft als auch Kursteilnehmer*innen die virtuellen Teilnehmer*innen sehen können. Dazu Mikrofone für alle. Ein Techniker muss die gesamte Technik erst einmal installieren und eigentlich die ersten Male auch dabeibleiben, um die Funktion zu überwachen. Dann kommt noch die Schwierigkeit hinzu, den Teilnehmer*innen die Technik zu erklären. Auf Sprachniveau A1 ist das kaum möglich.“

Abgesehen davon ist die Anforderung an die Kursleitung enorm, denn sie soll – wie es das Konzept fordert – auch die jeweils virtuellen Teilnehmer*innen aktiv in den Unterricht einbeziehen. Und selbst, wenn ihr das sehr gut gelingt: Diese Unterrichtsform hat dennoch das Potenzial, Unzufriedenheit auf Seiten der virtuellen Teilnehmer*innen zu fördern. Die Praxis zeigt: Die Lernenden, die dem Unterricht nur virtuell folgen, haben immer das Gefühl, in diesem Moment benachteiligt zu sein. Dieselbe Problematik gilt auch für Modell 4. Hier lernt ein Teil der Gruppe in Präsenz, der andere folgt dem Unterricht Zuhause vor dem Bildschirm. In regelmäßigen Abständen werden die Rollen getauscht.

Modell 5: die gehetzte Kursleitung

Keinerlei technische Ausstattung, sondern „nur“ einen sehr fitten Kursleiter braucht das Modell 5 des BAMF. Denn der Kurs wird in zwei Gruppen in zwei unterschiedlichen Räumen geteilt und der Kursleiter wechselt zwischen diesen Räumen hin und her. Während er die eine Gruppe unterrichtet, soll die andere Gruppe mit Material soweit versorgt sein, dass sie selbständig weiterarbeiten kann. Welch absurde Blüten dieses Modell in der Praxis treiben kann, weiß Guido Bongard: „Eine Lehrerin hat mir erzählt, dass sie zwischen Räumen hin und her hetzen muss, die auf unterschiedlichen Etagen liegen.“ Für Träger mit vielen Räumen ohne technischen Aufwand umzusetzen, für Lehrende eine Zumutung.

Nicht nur in diesem Extremfall – Lehrende berichten, dass es unglaublich anstrengend ist, den richtigen Abschluss und Anschluss in der jeweiligen Gruppe zu finden. Fragen können oft nicht zufriedenstellend beantwortet werden, weil man eigentlich zeitlich bedingt schon in die nächste Gruppe wechseln müsste. Dort angekommen, fällt der Anschluss schwer, weil das Thema nicht mehr präsent ist und die Gruppendynamik fehlt. Apropos Gruppendynamik: Die entwickle sich bei diesem Modell eher negativ, berichtet Bongard. Teilnehmer*innen würden sich beschweren, dass sie ohne die Lehrkraft nicht wirklich lernen könnten.

Liegt das jetzt an der Kursleitung? Sicher nicht, sondern an einem Modell, das leider nicht praxistauglich ist.

Unterrichten Sie schon nach einem der fünf Modelle? – Wie ist ihre Erfahrung?

Wir sind gespannt auf Ihre Rückmeldungen.

 

Bleiben Sie zuversichtlich!

 


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