Comics waren und sind nicht nur im DaF-Unterricht umstritten. Ralf Klötzke findet, dass sie – richtig eingesetzt – den Sprachunterricht auf jeden Fall bereichern. Er arbeitet als selbstständiger Fortbildner und Lehrer im DaF/DaZ-Bereich in Deutschland und im Ausland. Zu seinen Themen gehören nicht nur Comics im Unterricht, sondern auch Fortbildungen zu Themen wie Wiki und digitale Medien und Film im Fremdsprachenunterricht. (Mehr dazu in seinem Blog.)

Herr Klötzke, haben Comics eigentlich Tradition im Sprachunterricht?

Ralf Klötzke: Durchaus, wenn man ihre Geschichte betrachtet. Sie sind in den 1890er-Jahren in den USA entstanden. Zeitungen setzten sie ein, um neue Leserkreise unter den Einwanderern zu gewinnen. Diese hatten oftmals noch sehr schlechte Englischkenntnisse, und so hoffte man, sie durch Bilder und eine einfache Sprache zu erreichen.

Sind Comics für den Anfängerunterricht also ein ideales Lehrmaterial?

Ralf Klötzke: Hier können sie sehr hilfreich sein, denn Bilder bieten Kontext, teilweise kommen die Inhalte mit wenig oder sogar ganz ohne Sprache aus. So kann die Form der Sprech- oder Gedankenblase Gefühle ausdrücken, die Art des Panels etwas über den Fortgang der Geschichte sagen oder Bewegungslinien Tempo oder Richtung ausdrücken. Der sprachliche Input wird durch den visuellen Kontext nicht nur verständlicher, sondern auch leichter „interpretierbar“. Aber für all das gibt es eine ganz wichtige Voraussetzung.

Und die wäre?

Ralf Klötzke: Bilder müssen auch erkannt und verstanden werden. Ist dies nicht der Fall, fehlen dem Lerner wichtige Informationen, die häufig ohne Worte ausgedrückt werden. Ihm bleibt nicht nur die Bilderwelt (teilweise) verschlossen, sondern es kommt auch nicht zu dem Zusammenspiel von Bild und Text, das den Mehrwert von Comics ausmacht.

Das bedeutet, das Lerner aus einem anderen Kulturkreis mit unseren Comics unter Umständen nichts anfangen können?

Ralf Klötzke: Die Gefahr besteht. Insoweit ist die weit verbreitete These mit Vorsicht zu genießen, dass anspruchsvolle Inhalte – zum Beispiel aus den Bereichen der Literatur und Landeskunde – durch Comics leichter verstanden werden. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, zu denen auch die notwendige Einbettung in den kulturellen und historischen Kontext zählt.

Comics im Unterricht fördern verschiedene Fertigkeiten

Vorausgesetzt, Comics eignen sich für eine bestimmte Lernergruppe: Wie kann man sie konkret im Unterricht einsetzen?

Ralf Klötzke: Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, je nachdem, welche Fertigkeiten man fördern möchte. Comics kann man klassisch mit Methoden der Text- oder auch Filmarbeit nutzen. So können Comics als „Graphic Novels“ für Lerner interessant sein, die gerne ein Ganzwerk lesen möchten, aber deren Sprachniveau noch nicht dafür ausreicht. Auch für die Entwicklung kommunikativer Fertigkeiten eignen sich Comics. Sie können Dialoge in Sprechblasen schreiben, diese üben und sich nach und nach von diesem Script lösen und frei sprechen. Dabei kommt noch eine weitere Ebene der Comic-Ästhetik zum Tragen. Comics, die man auch „Theater auf dem Papier“ nennen könnte, transportieren performative Informationen, zum Beispiel wie sich der Sprecher gerade fühlt, ob er laut spricht oder vielleicht verärgert ist. Dies kann als „Regieanweisung“ für lebendige Dialoge dienen.

Funktionieren Comics auch in der Grammatikvermittlung?

Ja, sogar Grammatik lässt sich anhand von Comics vermitteln und üben. Besonders für jüngere Lerner gibt es Übungen in Comicform wie z. B. in den Hueber-Lehrwerken Paul, Lisa & Co und Planetino. Auch lassen sich bestimmte Regeln durch Bilder sehr gut visualisieren und damit einprägen.
Aber am interessantesten finde ich es, wenn Lerner selbst Comics erstellen und damit die Fremdsprache anwenden. Das kann gezeichnet, als Fotogeschichte mit Sprechblasen, auf Grundlage eines Trickfilms oder auch mit einem Comic-Generator im Internet erfolgen.

 


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